Unser Vorstand Steffen Mairose trifft unseren amtierenden Landrat Martin Stichnoth
Nach unserem ersten Interview zu den damals bevorstehenden Stadtratswahlen freue ich mich nun, den Landrat Martin Stichnoth erneut zu Gast zu haben. Nach einem kurzen Rückblick auf die Ergebnisse der Wahlen, sprechen wir im zweiten Teil des Interviews über die anstehenden Landratswahlen und die Entwicklungen im Landkreises Börde. Viel Spaß!
Frage 6:
Unmittelbar nach unserem ersten Interview standen die Stadtratswahlen an.
Die Wahlbeteiligung war mit 61 % gegenüber der vorherigen mit 43 % sehr hoch und die AfD ist als Sieger hervorgegangen. Wie zufrieden sind Sie mit dem Ausgang?
Antwort: Es freut mich zu sehen, dass bei den Menschen das Interesse an Wahlen auf kommunaler Ebene wächst. Ich konnte mehrfach die Erfahrung machen, dass die Menschen die Politik in Berlin und in Europa verfolgen und handelnde Akteure kennen; oftmals aber nicht wissen wer "vor Ort" die Verantwortung trägt und die Geschicke lenkt. Die Wahlbeteiligung bei der Stadtratswahl zeigt, dass der kommunale Blick für die Wählerinnen und Wähler geschärft wurde. Was die Zusammensetzung des Stadtrates angeht, so ist es mein großer Wunsch, dass ALLE Mitglieder die Geburtsstadt meiner Vorfahren und mir effektiv und effizient weiterentwickeln. Es ist wichtig, dass hier Kopf und Herz im Einklang schlagen und ehrliche Ziele - über die jeweilige Parteizughörigkeit hinaus – verfolgt werden.
Frage 7:
Viele wichtige Stellen im öffentlichen Bereich müssen in naher Zukunft neu besetzt werden und haben zukünftig großen Einfluss auf die Entwicklung der Stadt Wolmirstedt... Bürgermeister, Leiter Finanzabteilung, Stadtplanung und der Geschäftsführer der Stadtwerke Wolmirstedt als Tochterunternehmen der Stadt.
Bereitet es Ihnen Sorgen angesichts von Fachkräftemangel und unter Anbetracht von Arbeitgeberattraktivität, dass die Stellen nicht adäquat besetzt werden können und die Stadtentwicklung darunter leidet?
Antwort: Ja, diesen Umstand betrachte ich auch mit Sorge. Die Wirtschaft und das Gesundheitssystem weisen schon seit Jahren auf einen Fachkräftemangel hin. Und wir erleben es ja vor Ort sozusagen "hautnah". Aber auch der öffentliche Dienst ist davon nicht mehr verschont. Ich erlebe gegenwärtig einen regelrechten Kampf um Mitarbeiter. Meines Erachtens ist es für die Kommunen – und somit auch für die Stadt – wichtig, sich entsprechend zu vermarkten. Die Stadt als attraktiver Arbeitgeber. Warum lohnt es sich bei der Stadt zu arbeiten? Was kann ich hier bewirken? Wie kann ich mich bei meinem Arbeitgeber entfalten? Das sind nur drei von vielen Fragen, die es für den öffentlichen Dienst zu beantworten gilt, um künftig leistungsstarke Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen.
Frage 8:
Am 16.3.2025 sind Landratswahlen. Was motiviert Sie, sich erneut als Landrat aufstellen zu lassen, und was hat Sie in Ihrer bisherigen Amtszeit persönlich am meisten inspiriert?
Antwort: Ich habe mich entschieden, erneut für das Amt als Landrat zu kandidieren, weil ich ein tiefes Engagement für unseren schönen Landkreis, dessen weitere Entwicklung sowie für die hier lebenden Menschen verspüre.
Meine besondere Motivation sehe ich darin, den Dialog zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, der Verwaltung und den verschiedenen politischen Institutionen zu fördern bzw. auszubauen. In meinen letzten 6 Jahren als Landrat konnte ich viele Menschen in unserem Landkreis kennenlernen. Dabei erlebte ich stets, mit wieviel Enthusiasmus und Gestaltungswillen sich die Menschen in ihre Region einbringen; sei es im beruflichen oder im ehrenamtlichen Kontext. Hierbei sind u. a. im direkten Gespräch Ideen entstanden, welche schnell umgesetzt werden konnten. Ich glaube fest an unsere Gemeinschaft und fühle mich motiviert das Leben in unserem Landkreis weiterhin positiv zu beeinflussen und gemeinsam mit den Mitgliedern des Kreistages sowie den Bürgerinnen und Bürgern an einer lebenswerten Zukunft zu arbeiten.
Frage 9:
Welche Schwerpunkte sehen Sie im Falle einer Wiederwahl für die Entwicklung des Landkreises Börde in den nächsten Jahren, insbesondere in Bezug auf Infrastruktur und wirtschaftliche Entwicklung?
Antwort: Grundsätzlich ist es mein Ziel, mich an die im Kreisentwicklungskonzept vorgegebenen Parameter zu orientieren und somit fortzuführen. Dieses ist seiner Zeit durch den Kreistag beschlossen und der Kreisverwaltung als Orientierungs- und Handlungsgrundlage an die Hand gegeben worden. Die Sicherung einer stabilen Infrastruktur sowie einer zielorientierten Wirtschaftsförderung stehen dabei auch auf der Agenda. Insofern werde ich mich weiterhin dafür einsetzen, die – leider begrenzten – Finanzmittel in die Sanierung und den Ausbau der Straßen sowie für Radwege einzusetzen. Letztlich ist eine gut ausgebaute Infrastruktur grundlegend für eine wirtschaftliche Entwicklung. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung stehen neben den Ansprechpartnern in unseren Städten und Gemeinden meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Amt für Wirtschaft als verlässliche Ansprechpartner zu Verfügung. Existenzgründungsberatungen sowie die Fördermittelakquise sind nur zwei Beispiele, bei denen mein Haus unterstützen kann.
Weiterhin stehe ich für eine gute Beratung im Bereich geplanter Bauvorhaben; ob im gewerblichen als auch im privaten Bereich ein.
Frage 10:
Wie planen Sie, die ländlichen Regionen des Landkreises weiterhin zu unterstützen und deren Lebensqualität zu verbessern, besonders in Hinblick auf den demografischen Wandel und die Herausforderungen der Daseinsvorsorge?
Antwort: Die ländlichen Regionen im Landkreis Börde sind unsere Gemeinden,
Verbands- und Einheitsgemeinden und Städte. Sie alle verfügen über sehr engagierte Ortschafts-, Gemeinde- und Stadträte und ebensolche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister mit ihren Verwaltungen. Mit ihren bereits beschlossenen Flächennutzungs- und Bebauungsplänen legen sie den Grundstein dafür, dass sich ihre jeweilige Kommune entwickeln kann. Gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konnten wir in den letzten Jahren viele Dinge anpacken und erfolgreich beenden. Natürlich sind ebenso viele Dinge im Werden und so manch "dickeres Brett" (z. B. im Rahmen der Sicherstellung einer ärztlichen Versorgung in der ländlichen Region) muss noch gebohrt werden. Insofern ich freue mich auf das weitere Zusammenwirken.
Frage zur Intel-Fabrik:
Frage 11:
Die Verschiebung des Intel-Bauprojekts in Magdeburg ist für die Region ein großer Rückschlag. Wie schätzen Sie die Auswirkungen auf den Landkreis Börde ein, und wie können wir uns auf diese Verzögerungen vorbereiten, um dennoch wirtschaftliche Stabilität und Wachstum sicherzustellen?
Antwort: Die beiden kreisangehörigen Kommunen Gemeinde Sülzetal und Stadt Wanzleben/Börde haben gemeinsam mit dem Landkreis hochengagiert daran gearbeitet mit der Landeshauptstadt Magdeburg eine Gesamtfläche von rund 1.000 ha für die Ansiedlung zur Verfügung zu stellen. Die Flächen der kreisangehörigen Kommunen dienten dabei u. a. der Ansiedlung von Handels- und Geschäftspartnern von Intel. Seitens des Landes Sachsen-Anhalt ist eine GmbH mit dem Ziel gegründet worden, einen High-Tech-Park zu entwickeln. An diesem Ziel wollen wir gemeinsam festhalten. Insofern müssen wir die Gelegenheit nutzen, unsere Strategien zu überdenken und ggfs. alternative Projekte in Betracht ziehen, die ebenfalls wirtschaftliche Impulse setzen. Dies könnten auch kleinere Projekte sein, die schneller realisiert werden und unmittelbare positive Effekte haben. Ich bin der Meinung, dass durch eine kluge Planung und proaktive Maßnahmen wirtschaftliche Stabilität bewahrt werden. Gern setze ich mich jedenfalls weiterhin dafür ein, diese Herausforderungen aktiv mitanzugehen um gemeinsam mit allen Partnern Lösungen zu entwickeln.
Frage 12:
Wird Intel überhaupt noch bauen?
Antwort: Als grundlegender Optimist habe ich - kurz nachdem Intel sich offiziell äußerte sein Projekt "vorläufig auf Eis zu legen" - gegenüber dem MDR im Rahmen eines Interviews geäußert, dass ich daran glaube, dass Intel bauen wird. Auch mit heutigem Stand würde ich mich an derartigen Spekulationen nicht beteiligen. Mein gegenwärtiges Bild sagt mir, dass wir im 2. Halbjahr 2025 mehr Klarheit haben werden, wann bzw. ob mit dem Baustart zu rechnen ist.
Frage 13:
Eine abschließende Frage muss ich noch loswerden. Wie beurteilen Sie die 3 Jahre Ampel-Regierung?
Antwort: Wenngleich für die Bundesrepublik Deutschland bestimmte Dinge mit der "Berliner Brille" notwendig erschienen, so empfand ich Vieles als zu schnell mit zu viel Druck und zu wenig Kommunikation umgesetzt. Diese Einschätzungen teilten viele Menschen in unserem Landkreis und ich verspürte einen zunehmenden Vertrauensverlust. Insofern obliegt der neuen Regierung die ernstzunehmende Aufgabe, eine gemeinsame politische Agenda zu entwickeln, Herausforderungen proaktiv zu begegnen und der Bevölkerung Sicherheit zu geben.